Glukagon in Ketogener Ernährung

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Rest_in_Pain
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Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon Rest_in_Pain » 10. September 2011, 15:52

Hi Leute,

heute habe ich wirklich einige Zeit gegrübelt, bin aber zu keiner Lösung gekommen. Habe mir auch wieder die "LCHF - Was ist das?"(1), "LCHF - Theorie: Wie funktioniert's?"(2) und "LCHF - Theorie: Kalorien & Kohlehydrate?"(3) Seiten durchgelesen, aber ein paar Sachen sind mittlerweile widersprüchlich.

Bei Fehlern mich unbedingt darauf hinweisen!

Bei LCHF bezieht man seine Energie anstelle von Glukose von Ketonkörpern, sowohl das Gehirn als auch Muskeln. Das geschieht nach ein paar Tagen, wenn KH fehlen.(1)
Wenn KH fehlen sinkt der Insulinspiegel. Wenn der niedrig ist und eine gewisse Fettmenge durch die Nahrung zugeführt wird, wird Glukagon gebildet, welches Fettsäuren im Fettgewebe (sowie das Fett aus der Nahrung) in Glukose umwandelt.(3)

Da wir aber Ketone als Energieträger verwenden, haben wir ja nicht wirklich Verwendung für Glukose. Ja, wir wollen ja gerade von der Glukose als Energiequelle wegkommen! Das ist der erste Widerspruch.
Weiters steht, Glukose wird vor allem vom Gehirn als Brennstoff benötigt.(3) Auch dafür sind ja jetzt eigentlich die Ketonkörper da?! Wer wird nun verwendet? Beide?

Das nächste ist hier http://de.wikipedia.org/wiki/Glukagon" onclick="window.open(this.href);return false; steht "Die Stimuli für eine erhöhte Ausschüttung sind hauptsächlich Hypoglykämie (Blutzuckerabfall), proteinreiche Mahlzeiten, Infusion von Aminosäuren (z.B. Arginin, Alanin), länger dauernde starke körperliche Arbeit und Stress."
Hier müsste doch fettreiche Malzeiten stehen?!

Hoffe das wird noch verständlicher für mich :)

Lg

Wolerin
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon Wolerin » 10. September 2011, 17:05

Ich habe leider keine Antwort, würde mich aber gerne mit einer Frage anschließen, die mir auch noch unklar ist:

Ketostix-Verfärbungen zeigen an, dass Ketonkörper ausgeschieden werden. Jedoch dürften doch eigentlich nur zuviele Ketone ausgeschieden werden. Das müßte ja dann heißen, wenn welche ausgeschieden werden, hat man zuviel Nahrungsfett aufgenommen und ist nicht an die eigenen Reserven gegangen.

Stimmt das so? Oder ist es wie so oft ganz anders? Fragen über Fragen...

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datBea
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon datBea » 10. September 2011, 17:09

Nein, das heißt es nicht.

Aber da ich das nicht detailliert erklären kann, such mal bitte nach Ketonkörpern.
Corina und Rainer haben das ers vor kurzem prima erklärt...

Wolerin
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon Wolerin » 10. September 2011, 17:13

Corina und Rainer haben das ers vor kurzem prima erklärt...
Stimmt, und da steht:
Wir umgehen das ganze indem wir permanent im Fettstoffwechsel sind unsre Glycogenspeicher sind dank KH-armer Ernährung leer unser Körper muß Fett verbrennen. Einen Teil davon verstoffwechselt er zu Ketonkörper. Der Überschuss wird ausgeschieden.
Aber damit der Körper auf das körpereigene Fett zurück greift braucht es auch da eines Defizits.
Daher die Frage... da stehts: Der Überschuß wird ausgeschieden, es braucht ein Defizit. Also wenn ich viel Fett zu mir nehme, hat der Körper ja alles und muß eben nicht auf Körperfett zugreifen. Oder? Ich bin verwirrt. Es ist schon wieder viel zu heiß hier.

Rainer
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon Rainer » 12. September 2011, 10:26

Hallo Thomas,

bei dir geht so viel durcheinnander, dass ich dir lieber erst einmal die Stoffwechselvorgänge aus meiner Sicht erkläre - wenn dann noch Frgen offen sind, dann stelle sie.

Die Muskeln und fast alle Organe können alle Nährstoffe, also KH, Fettsäuren und Eiweiß zur Energiegewinnung nutzen. Dazu wird aus alle den Sachen ein universeller Berennstoff, das ATP gewonnen, der dann in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen sehr effizient verfeuert wird.

Es gibt einige Zellen mit wenig Mitochondrien und dann noch ein paar wenige Zellen ganz ohne. Der Sinn ist wahrscheinlich, dass es sich um wichtige Zellen handelt und die vor oxidativem Stress geschützt werden sollen. Die Zellen mit wenig Mitochondrien, das sind im wesentlichen die Zellen des Gehirns, können nur Glukose und Ketonkörper zur Energiegewinnung nutzen. Die wenigen Zellen ohne Mitochondrien, das sind z.B. Zellen der Großhirnrinde und der Nebennierenrinde brauchen unbedingt Glukose. Diese Grundmenge an Glukose wird, fall sie nicht aus dem Essen kommt, zuverlässig durch die Leber mittels Glukoneogenese bereitgestellt.

Bleiben der Großteil der Zellen des Gehirns, die sich mit Glukose und mit Ketonkörpern ernähren können. Hierzu kannst du dir auch mal diese Beschreibung durchlesen. Damit das Gehirn Ketonkörper nutzen kann, wird ein bestimmtes Enzym benötigt. Bei unserer heutigen "normalen" KH-reichen Kost fehlt dieses Enzym und der Körper braucht ein paar Tage, bis er es wieder herstellen kann und das Gehirn die Ketonkörper nutzen kann. Diese Umstellung, die Wiederherstellung der Ketolysefähigkeit ist in ein paar Tagen erledigt, danach funktioniert das vollkommen problemlos. Wenn Glukose da ist, wird die verbrannt und wenn nicht dann werden Ketonkörper hergestellt und das Gehirn ernährt sich damit. Der größte Vorteil an dieser Ernährung ist, dass die Ketonkörper bei Bedarf jederzeit kurzfristig zur Verfügung gestellt werden können. Ohne Ketolysefähigkeit fordert das Gehirn sehr deutlich und sehr zeitig Nachschub an KH und löst damit die bekannten Fressanfälle aus.

Noch einmal deutlich, außer für die Zellen des Gehirns spielen die Ketonkörper überhaupt keine Rolle. Die anderen Zellen nehmen alles was da ist und was übrig bleibt wird gespeichert (Glycogen, Körperfett).

Insulin und Glucagon regeln die Menge der Glukose im Blut, also den BZ. Wenn der über 80 mg/dl steigt, dann wird Insulin ausgeschüttet und die Glukose aus dem Blut in die Zellen geschleust. Wenn er unter 80 mg/dl sinkt, dann wird Glucagon ausgegeben und die Leber dazu veranlasst, Glukose (eigentlich Glycogen, die Speicherform der Glukose) auszugeben *). Insulin und Glucagon haben noch andere Regelwirkungen, so dass der ganze Vorgang sich auch auf die Fettspeicherung auswirkt.

Einfache Schlussfolgerung: Wenn wegen der Ketolysefähigkeit bei ketogener Ernährung nur wenig Glucose gebraucht wird (nur für ein paar besonders wichtige Zellen in der Großhirnrinde u.s.w.), dann muss die Leber nur wenig Glukose ausgeben. Dehalb muss auch nur relativ wenig Glucagon ausgegeben werden und wenn du fast keine KH isst, dann brauchst du auch fast kein Insulin.

LG Rainer


*) Bei Diabetikern ist das übrigens einer der Defekte, dass die Ausgabe von Glucagon und deshalb von Glukose aus der Leber munter weiterläuft, auch wenn der BZ hoch ist. Diese Fehlsteuerung wird durch Metformin (und leider durch kein anderes Diabetesmedikament) wirksam gebremst.
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Rest_in_Pain
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon Rest_in_Pain » 12. September 2011, 17:43

Insulin und Glucagon regeln die Menge der Glukose im Blut, also den BZ. Wenn der über 80 mg/dl steigt, dann wird Insulin ausgeschüttet und die Glukose aus dem Blut in die Zellen geschleust. Wenn er unter 80 mg/dl sinkt, dann wird Glucagon ausgegeben und die Leber dazu veranlasst, Glukose (eigentlich Glycogen, die Speicherform der Glukose) auszugeben *). Insulin und Glucagon haben noch andere Regelwirkungen, so dass der ganze Vorgang sich auch auf die Fettspeicherung auswirkt.
[/i]

Mhm. Mein Blutzucker dürfte so 90 mg/dl sein, obwohl die KH nicht 10-15g/Tag übersteigen. Ob da Insulin ausgeschüttet wird?

Um es jetzt nochmal so wiederzugeben wie ich es jetzt verstehe: Sobald die Ketolysefähigkeit gegeben ist, wird sowieso nur wenig Glucose gebraucht, und die vom Gehirn. Deshalb braucht man wenig Glucagon, weil dieses die Aufgabe hat Fett aus Nahrung/Depot in Glucose zu verwandeln. Ketonkörper braucht nur das Gehirn. Muskeln ATP.

Habe da dazu folgenden Satz gefunden:

"The muscles only use free fatty acids complexed with n-acetylcarnitine to provide the energy to reverse ADP to ATP, no carbs are consumed in this process, either as glucose or as glycogen."

Passt das mit deinem Wissen Rainer?

LG und Danke vielmals!

Uddi
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon Uddi » 13. September 2011, 10:58

Insulin kursiert immer im Blut, sonst wärst du schon tot. Und auch eine Eiweiß+Fett-Kombi benötigt Insulin zur Verstoffwechselung. Frag mal einen Diabetiker Typ 1.

Glucagon und Insulin sind Antagonisten und hemmen sich gegenseitig. Wenn Insulin niedrig ist wird Glucagon ausgeschüttet und wenn der Blutzucker dadurch wieder gestiegen ist, wird Insulin ausgeschüttet, um das Glucagon und damit die Zuckerabgabe aus der Leber zu drosseln. Bei Diabetikern ist das System gestört.

Und so ganz unrichtig ist das nicht, Ketone werden bei einem gesunden Menschen und verzehr weniger KH nur vermehrt ausgeschieden, wenn viel Nahrungsfett zugeführt wird. Das ist eine Reaktion des Körpers den Energieüberfluss loszuwerden (neben gesteigertem Bewegungsdrang, Wärmeabgabe und Speicherung).
Wenn es an die Körpereigenen Fettreserven geht, ist der Körper leider nicht ganz so verschwenderisch, sondern eher auf Effizienz ausgerichtet. Er stellt zwar Ketone her, wenn keine KH da sind, aber nur soviel wie gebraucht wird. Speziell wenn die Ketolysefähigkeit des Gehirn voll ausgebildet ist, wird man nix nennenswert auspullern.
Ketone werden ja auch nur vom Gehirn wirklich benötigt. Muskeln sind in der Lage Fettsäuren direkt zu verbrennen. Fett wird rund um die Uhr verbrannt. Das Herz bevorzugt sogar Fett vor Glucose. Das kann man allerdings nicht anhand von Ketonen nachweisen.
Wenn du keine KH isst, hast du eben maximale Fettverbrennung, was aber nicht automatisch Fettabnahme heisst. Nur ist der Fettstoffwechsel viel leistungsfähiger und ausdauernder als der KH-Stoffwechsel mit seinen Schwankungen, das ist der große Vorteil.
Die nachgewiesenen Ketone stammen trotzdem vornehmlich aus dem reichlich zugeführten Nahrungsfett, man kann hier also auch schnell auf dem Holzweg sein was das Abnehmen angeht. Es geht eben nur wenn der Energieverbrauch größer ist als die Energiezufuhr. Leider ist ersteres eine selten bekannte Größe, das ist wohl das eigentliche Problem.

franco
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon franco » 13. September 2011, 15:51

danke für diverse erläuterungen,- das in alle himmelsrichtungen!

Wolerin
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Re: Glukagon in Ketogener Ernährung

Beitragvon Wolerin » 13. September 2011, 16:59

Und so ganz unrichtig ist das nicht, Ketone werden bei einem gesunden Menschen und verzehr weniger KH nur vermehrt ausgeschieden, wenn viel Nahrungsfett zugeführt wird. ...

Die nachgewiesenen Ketone stammen trotzdem vornehmlich aus dem reichlich zugeführten Nahrungsfett, man kann hier also auch schnell auf dem Holzweg sein was das Abnehmen angeht. Es geht eben nur wenn der Energieverbrauch größer ist als die Energiezufuhr. Leider ist ersteres eine selten bekannte Größe, das ist wohl das eigentliche Problem.
Danke! Endlich eine Bestätigung meiner Denkvorgänge. Danke vielmals! Also nicht für die Bestätigung, sondern die Erläuterung.


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