Springermedizin Statement zur Zöliakie bei Kids

Zurück zu „Links, Bücher, Filme und mehr“


Benutzeravatar
Kathi
Moderator
Beiträge: 4111
Registriert: 20. April 2012, 14:22
Wohnort: Leinfelden-E.
Status: Offline

Springermedizin Statement zur Zöliakie bei Kids

Beitragvon Kathi » 19. Oktober 2018, 07:40

Im Newsletter von Springermedizin bekam ich neulich Links zu 2 kurzen Videos zum Thema Zöliakie bei Kindern.
Um diese Videos zu sehen, muss man zum medizinischen Fachbereich gehören und bei der Registrierung bei Springermedizin dies auch nachweisen.
Da nicht jeder aus dem medizinischen Bereich kommt, hab ich euch die Videos zusammen gefasst.

26.9.18 Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2018
Interview mit Prof Dr Klaus-Peter Zimmer Unikinderklinik Gießen


Die Vor- und Nachteile der glutenfreien Diät

Wie sieht es mit Therapieadhärenz und -akzeptanz der glutenfreien Diät aus?
Prof:
Leider schlecht. Sie ist eine ideale Therapie, weil sie sehr sicher ist und auch von den Kosten erträglich ist. Ist aber auch eine lästige Therapie, weil sie täglich und strikt eingehalten werden muss, sonst sind diese Schutzeffekte vor Komplikationen nicht gewährleistet.
Die Compliance ist in Deutschland eher schlecht, bei Kindern mit der klassischen Form liegt sie bei 70%. Das ist nicht schlecht, wird aber erfahrungsgemäß mit der Pubertät schlechter.
Bei den nicht-klassischen, nicht-intestinalen (zb aufgefallen durch eine Eisenmangelanämie) Formen sieht die Compliance noch schlechter aus. Wir als Ärzte möchten auch diese Kinder, auch wenns ihnen gut geht, regelmäßig 1-2x im Jahr sehen. Und wenn die Kinder das gut machen, möchten wir ihnen das auch sagen und den Eltern natürlich auch. Dass man sie darauf hinweist, dass ihr Wachstum gut ist und wenn das Wachstum schlecht ist, dass man zb nachprüft, ob die Compliance gewährleistet ist.
Das kann man recht einfach kontrollieren, indem man den Glutaminaseantikörper testet. Wenn der positiv ist, dann ist die Diät nicht sicher eingehalten worden.

Sind alternative neue Therapien in der Entwicklung?
Prof:
Ja, es gibt mindestens 10 interessante neue Ansätze zur Therapie aufgrund der Pathogenese dieser Erkrankung. Sie ist die best charakterisierte chronische Darmentzündung.
Vereinzelt werden diese Ansätze auch schon beim Menschen getestet, aber es liegt noch keine Sicherheit vor oder Effektivität dieser Therapien. Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis man nachweisen kann, dass diese Therapien einen ähnlichen Effekt bieten können wie die glutenfreie Diät.
Daher sollte man als Patient sich nicht drauf verlassen und die glutenfreie Diät vernachlässigen.

Gibt es präventive Ansätze?
Prof:
Es gab vor Jahren die Idee, dass man mit der Glutenzuführung früher anfängt, ab dem 4. Monat und also noch mit der Muttermilch, um einen präventiven Effekt zu erzielen. Das hat sich leider nicht bestätigt.
Man könnte zb eine Impfung entwickeln, wo man die Gliadin-Peptide, die ja toxisch sind, so modifiziert, dass sie von der Immunantwort besser erkannt werden und dadurch eine Toleranzreaktion entsteht. Es wurde ein Patent dafür verliehen, jedoch nicht aufgegriffen, da es vermutlich nicht so attraktiv ist, eine Erkrankung zu verhindern als sie zu behandeln mit teuren Diäten oder auch Biologika.
https://www.springermedizin.de/kongress-fuer-kinder--und-jugendmedizin-2018/zoeliakie/die-vor--und-nachteile-der-glutenfreien-diaet/16128916


Diagnose der Zöliakie verbessern - das Problem mit der hohen Dunkelziffer

Wie viele Kinder in Deutschland leiden an Zöliakie?
Prof:
In einer Studie wurde vor vielen Jahren festgestellt, und das relativ gut, dass ca 1% der Kinder serologisch positiv auf Antikörper getestet wurden. Das entspricåht auch den Daten aus allen anderen Ländern in Europa und Amerika. Leider hat diese Studie auch heraus gebracht, dass ca 80% dieser Patienten gar nicht wissen dass sie diese Erkrankung haben.

Wie kommt es zu dieser hohen Dunkelziffer?
Prof:
Das liegt daran, dass diese Erkrankung eben nicht nur eine Malabsorptionserkrankung mit Gedeihstörungen und fehlender Gewichtszunahme ist, wie wir früher glaubten.
Es ist eine systemische Erkrankung mit extraintestinalen Symptomen der Haut, der Lunge, des Nervensystems, der Leber und diese Formen überwiegen sogar gegenüber der klassischen Form und diese sind schwerer zu erkennen, weil sie eben klinisch als Chamäleon in Erscheinung treten.

Wie sind die Langzeitfolgen einer unbehandelten Zöliakie?
Prof:
Das sind v.a. Entwicklungsstörungen bei Kindern, Probleme des Eisenmangels, Osteoporose auch bei Kindern, aber es gibt auch Risikofaktoren für das Erwachsenenalter wie zb Malignome, Infertilität bei Frauen, frühgeborene Kinder. Eine Studie aus Dänemark zeigt, dass wenn man diese Frauen erkennt und glutenfrei ernährt, erhöht sich die Fertilität, sie bringen normalgewichtige Kinder zur Welt, die auch nicht zu früh kommen. Dieser Faktor ist bewiesen und müsste viel konsequenter umgesetzt werden. Dies wird leider vernachlässigt, zb das Familienscreening. Wenn es ein diagnostiziertes Kind gibt, muss man auch bei den Eltern prüfen, da sie ein ca 10% erhöhtes Risiko haben, auch eine Zöliakie zu haben. Was bei der Umsetzung der glutenfreien Diät sogar vorteilhafter ist, weil die ganze Familie sich glutenfrei ernährt, auch wenn einige nicht betroffen sind.

Ist bei Kindern zur Diagnosesicherung immer eine Biopsie notwendig?
Prof:
In einer Leitlinie wurde von Kindergastroenterologen vor 5-6 Jahren festgelegt, dass man auf eine Dünndarmbiopsie bei Kindern verzichten kann, wenn eine klassische, schwere Verlaufsform vorliegt mit schweren Durchfällen, ausladendem Abdomen, Gewichtsproblemen und einen 10x so hohen Antikörpertiter auf Transglutaminase.
Es gibt aber sehr strenge Kriterien hierfür und dies betrifft auch nur die 10–20% der Patienten.
Ein nicht so hoher Antikörpertiter, der im Rahmen von Infektionen auftritt, reicht natürlich nicht aus, um zu sagen, die Diagnose ist gesichert.
Gut geeignet zum Ausschluß einer Zöliakie ist ein Gentest auf HLA-dq2 und HLA-dq8: Wird man hier negativ getestet, dann ist es höchst unwahrscheinlich, dass man eine Zöliakie hat.
https://www.springermedizin.de/kongress-fuer-kinder--und-jugendmedizin-2018/zoeliakie/diagnose-der-zoeliakie-verbessern/16128914
Die unter http://www.LCHF.de angebotenen Dienste und Inhalte sind ausschließlich zu Informationszwecken bestimmt und können in keinem Fall professionelle Beratung oder die Behandlung durch einen Arzt ersetzen.
-31 kg

Beckana
Beiträge: 76
Registriert: 25. Mai 2018, 08:36
Status: Offline

Re: Springermedizin Statement zur Zöliakie bei Kids

Beitragvon Beckana » 21. Oktober 2018, 08:50

Vielen herzlichen Dank, unsere Tochter hat Zöliakie , deswegen freue ich mich immer über neue Einsichten.
Start: 25.5.2018
04.05.2020: 51 von 65....
09.02.2022 Sackgasse 37 von 65


Zurück zu „Links, Bücher, Filme und mehr“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste