Hallo Petzi,
das tut mir leid für euch beide, dass es deinen Freund so erwischt hat. Ich wünsche ihm gute Besserung und dass er mit seinem Diabetes bald gut zurecht kommt. Auf den letzten Seiten wurden so viele Fragen aufgeworfen, zu den wichtigsten möchte ich auch meinen Senf dazu geben. Ich versuche das mal in Kurzform. Wenn du weitere Erläuterungen zu der einen oder anderen Frage wünschst oder wenn ich eine Frage vergessen habe, dann hake einfach nach.
Es muss nicht Typ1-Diabetes sein und das ist auch nicht wahrscheinlich. Die Abnahme, die beim Typ1er fast immer erfolgt, resultiert aus dem hohen BZ. Wenn die Nierenschwelle (ca.180 mg/dl) für lange Zeit am Tag überschritten ist, dann wird sehr viel Glukose und damit auch viele Kalorien mit dem Urin ausgeschieden und deshalb nimmt man ab. Das war bei deinem Freund in der Endphase der Fall, deshalb hat auch er als vermutlicher Typ2er abgenommen. Sein Arzt oder das Krankenhaus machen aber auf jeden Fall auch einen Antikörpertest, um Typ1 auszuschließen. Bis zum Beweis des Gegenteils kannst du davon ausgehen, dass er einen normalen Typ2-Diabetes hat.
Dass er von Anfang an Insulin bekommt ist sehr gut, ganz abgesehen davon, dass das bei den hohen BZ-Werten gar nicht anders möglich gewesen wäre. Es gibt genügend Erfahrungen und auch einige Studien die zeigen, dass eine frühzeitige Insulinbehandlung sich langfristig sehr positiv auf den Diabetesverlauf auswirkt. Die Betazellen werden wahrscheinlich durch die Unterstützung von externem Insulin dazu angeregt, wieder besser zu funktionieren. Wenn sich der BZ von deinem Freund schnell stark verbessert, was bei neudiagnostizierten Diabetikern gar nicht so selten vorkommt, dann kann er das Insulin vielleicht später wieder weglassen. Ich würde ihm aber empfehlen, so lange wie möglich das Basalinsulin zu behalten und zu verteidigen. Wenn das einmal gestrichen ist, dann bekommt er es erst wieder, wenn sein BZ sehr schlecht wird. Mit der basalen Unterstützung durch Insulin hat er so viele gute und unkomplizierte Therapiemöglichkeiten, die sollte er nicht ohne Not aufgeben.
Jetzt wird er erst einmal ICT mit dem basalen Langzeitinsulin und dazu schnellwirkendes Insulin zu jeder Mahlzeit bekommen. Dass die Ersteinstellung im KH erfolgt ist normal und gut. Eine ambulante Einstellung wäre auch möglich, die würde sich aber über viele Wochen hinziehen. Wichtig für deinen Freund ist zu wissen, dass die Einstellung im KH nicht auf immer und ewig so festgeschrieben werden kann. Der Aufenthalt im KH ist etwas ganz anderes als das normale Leben, deshalb reagiert sein BZ zu Hause auch etwas anders. Er muss unbedingt in die Lage kommen, die Einstellung selbstständig zu kontrollieren und zu korrigieren. Dazu braucht er schnell eine gute ICT-Schulung. Die muss er bei seinem Doc einfordern.
Bei allen Schulungen die er bekommt, wird ihm erzählt werden, dass er laut DGE mindestens 150g KH pro Tag braucht. Du stehst jetzt vor der schwierigen Aufgabe ihm beizubringen, dass das Blödsinn ist und dass er seinen Diabetes sehr viel besser mit einer KH-Reduzierung im Griff behalten kann. Selbst eine moderate KH-Reduzierung hilft schon enorm für eine gesunde BZ-Führung. Wenn er das nicht selber einsieht, dann hast du keine Chance. Zu seinem Glück kannst du ihn nicht zwingen. Lilly hat dir das Buch von Doc Bernstein empfohlen. Das ist sehr gut für Leute, die schon von der KH-Reduzierung überzeugt sind, aber es wird ihn wohl nicht umstimmen. Ich würde dir das Buch „Stopp Diabetes“ empfehlen, am besten vielleicht den 2.Teil, das Praxisbuch. Als Ernährung wird dort zwar LOGI und sogar noch eine fettarme Form von LOGI empfohlen, aber die Zusammenhänge zwischen dem BZ und den KH werden in dem Buch sehr gut und nachvollziehbar erläutert. Daraus dann eine fettreichere Ernährung zu machen dürfte ein kleiner Schritt sein, den du bestimmt hinbekommst. Er braucht auch wegen seinem Diabetes keinen Skaldeman oder keine 20g-Grenze einzuhalten, eine moderate Reduzierung der KH würde schon sehr viel bringen. Die bringt übrigens auch dann schon sehr viel, wenn er dabei nicht abnimmt. Die Ärzte sagen ihm das zwar anders, aber nur, weil sie die KH-reduzierte Ernährung und deren Nutzen nicht kennen.
Neben der KH-reduzierten Ernährung ist Bewegung sehr wichtig. Versucht am besten einen Sport zu finden, der euch beiden Spaß macht und den ihr zusammen machen könnt. Regelmäßige Bewegung ohne Quälerei ist wirklich langfristig ganz wichtig, um den Diabetes im Schach zu halten.
Jetzt noch etwas zu der wichtigen Frage, ob er mit seiner Vorerkrankung und seinen hohen Triglyceriden überhaupt Fett essen darf. Er darf und er soll sogar. Die Studienlage ist in dieser Frage so eindeutig, dass sogar die DGE das in ihrer KH-Leitlinie feststellen musste. Natürlich hat sie das nicht gerne getan und vermeidet jetzt auch, diese Tatsache zu publizieren. In der KH-Leitlinie stellt sie in der
Zusammenfassung unter „Gesamtkohlenhydratzufuhr“ fest:
Mit überzeugender Evidenz wird auch durch eine hohe Kohlenhydratzufuhr (unabhängig von der Qualität der Fettsäuren in der Nahrung) ein Anstieg der Triglyceridkonzentration begünstigt.
Das heißt auf gut Deutsch, dass er zur Senkung der Triglyceride die KH raus und das Fett – egal welches – rein nehmen muss. Das ist doch mal ein toller Werbeslogan für die gute Butter und das Kokosöl. Den kann er auch wunderbar seinen Ärzten unter die Nase reiben, wenn die ihm das Fett verbieten wollen.
Das soll’s erst mal gewesen sein. Wenn dein Freund aus dem KH kommt, dann hat er bestimmt ganz viele Fragen. Ich stehe Gewehr bei Fuß und hoffe, dass ich ihm die wichtigsten Fragen gut beantworten kann - gerne auch per eMail oder PN.
LG Rainer