Mir leuchtet vor allem der Fakt ein, dass der Mensch doch nicht nur Muskeln aufbauen kann wenn er KH isst, da KH in der Steinzeit so selten vorhanden waren aber man permanent anstrengende Aufgaben erfüllen musste und die Körper mussten sich der Belastung ja anpassen.
Ein weit verbreiteter Irrtum: Der Homo Sapiens ist nicht in der Arktis, sondern in
Afrika evolviert und hat Afrika erst vor ca. 40.000 Jahren verlassen. In Afrika und seinem damaligen graduell sogar milderem Klima, als wir das heute kennen, standen ganzjährig Obst und Gemüsepflanzen zur Verfügung. Dass es also in der Evolutionsgeschichte unseres Stoffwechsels nur selten KH gab, ist falsch. Insbesondere, was die Mythen, das Obst betreffend angeht.
Dazu der ausgezeichnete Artikel von Denise Minger: "Wild an ancient Fruit: Is ist really samll, bitter, and low in sugar?"
http://rawfoodsos.com/2011/05/31/wild-a ... ent-fruit/
Nicht ohne Grund nennt man die Subsistenzform der Altsteinzeit (vor der Neolithischen Revolution) auch "Jäger und
Sammler". Der Anteil pflanzliche Nahrung war nie Null, selbst nicht bei den Inuit. Je mehr die Natur hergibt, desto mehr Pflanzen werden auch konsumiert. Eine ketogene Ernährung ist somit entwicklungsgeschichtlich nicht die die Regel, sondern eine Ausnahme. Gleichwohl ist unser Stoffwechsel durchaus in der Lage eine ziemlich lange Zeit ohne Zufuhr von KH's auszukommen, was aber keineswegs bedeutet, dass dies die bevorzugte und auch langfristig gesunde Stoffwechsellage für uns alle ist.
Dass der KH-Konsum unserer Ahnen sowohl von der Menge, wie vor den KH-Struktur her,in keinster Weise mit der in westlichen Kulturen heutiger Zeit betriebenen KH-Mast vergleichbar ist, steht auf einem anderen Blatt.
Jedoch bewegt sich die Zufuhr an KH in Jäger und Sammler Kulturen (229 untersuchte Völker) im Bereich von 22-40% der Gesamtkalorien und von einer Low-Carb-Ernährung in den Dimensionen, wie sie bei LCHF betrieben wird, kann keine Rede sein.
„Our analysis showed that whenever and wherever it was ecologically possible, hunter-gatherers consumed high amounts (45-65% of energy) of animal food. Most (73%) of the worldwide hunter-gatherer societies derived >50% (> or =56-65% of energy) of their subsistence from animal foods, whereas only 14% of these societies derived >50% (> or =56-65% of energy) of their subsistence from gathered plant foods. This high reliance on animal-based foods coupled with the relatively low carbohydrate content of wild plant foods produces universally characteristic macronutrient consumption ratios in which protein is elevated (19-35% of energy) at the expense of carbohydrates (22-40% of energy).“
http://ajcn.nutrition.org/content/71/3/682.long
Damit liegt ein Mensch bei körperlich anspruchsvollem Lebensstil 2000 kcal/d an Energie zuführt, bei 110 bis 200g KH pro Tag im Schnitt. Ketose als Dauerzustand übers Jahr hinweg kann man bei diesen Mengen vergessen.
Wenn also von manchen LCHF-Fans mit dem Brustton der Überzeugung von "DER" natürlichen Ernährung des Menschen die Rede ist, dann ist das im Lichte der evolutions-, kulturgeschichlichen und ethnologischen Fakten so keinesfalls haltbar.
Dass Insulinausschüttung nicht nur durch KH, sondern auch duruch Proteine und sogar Fette stimuliert wird und dass eine Kombination von Proteinen mit KH die höchste Insulinstimulation bewirkt (deshalb wachsen Babies auch so prächtig heran, wenn sie mit Muttermilch ernährt werden und wir werden fett von Milchprodukten....), haben wir schon an anderen Stellen besprochen.
Auch hier ist es hilfreich, die LCHF-Mythen zu hinterfragen, die zwar gerne den "Glykämischen Index" thematisieren, aber nicht den "Insulin-Index", der nun mal ganz erhebliche Unterschiede in der Insulinwirkung bestimmter Lebensmittel aufzeigt. So zb Milchprodukte und Muskelfleisch betreffend.
Um also in eine anabole Stoffwechsellage zu kommen (ohne die keine Muskeln wachsen), bedarf es nicht mal zwingend einer Zufuhr von KH's - aber es ist ratsam, dies nicht über Proteine alleine zu versuchen, denn deren Abbau bedingt erhöhte Harnsäurewerte vor allem in in Ketose und Belastung der Leber über den Abbau von Ammoniak im Harnstoffzyklus.
Wenn Du, Stoffel, also tatsächlich Muskeln aufbauen konntest und meintest, das ging trotzdem Du in Ketose warst, dann bezweifle ich das und gehe davon aus, dass Du wahrscheinlich über (über)reichlich Proteine (Fleisch, Milchprodukte) eine Insulinstimulation mit Abbrauch der Ketose und damit eine anabole Stoffwechsellage provoziert hast. Selbst wenn du Ketostix verwendet haben solltets, so zeigen die eben auch gerade beim Verlassen der Ketose besonders hohe Werte im Urin (sog. Falschpositiv-Werte) und täuschen so Ketose vor, die bereits beendet ist. Letztlich lässt sich "Nutritional Ketosis" nur über Messungen im Blut valide messen.
Unterm Strich nimmt man - auch bei LCHF - nur Fett ab, wenn die Energiebilanz negativ ist. Gleichzeitig Fett abzubauen und Muskeln aufzubauen, gelingt in Ketose
als Dauerzustand (!) nicht.
Gruß Robert