Auf "meine Kunden" der "Tafel" lass ich gar nichts kommen. So wie ich diese Menschen in meiner Stadt kennengelernt habe, stellen sie keineswegs so etwas wie den "Abschaum der Gesellschaft" dar - eher schon ein durchaus repräsentatives Spektrum der Menschen unterer und unterster Einkommenschichten. Primöär solche die die Schwellenangst und Scham überwinden konnten, die angebotene Hilfe auch in Anspruch zu nehmen, die die Tafeln bieten.Glaubst Du im Ernst, dass Tafel-Kunden repräsentativ sind?
Da finden sich alleinerziehende Mütter, Senioren, die mit der Grundrente nicht ansatzweise auskommen können, gesundheitlich gehandicapte Menschen, Menschen die trotz zweier Jobs kaum genuig zum Leben haben, langzeitarbeitslose Alkoholiker, hochintelligente aber lebensuntaugliche arbeitslose Akademiker, ebenso wie drogenabhängige Jugendliche. Für viele war und ist der Besuch der Tafel ein Gang, für den sie sich schämen, für andere ist es Routine geworden.
Was mir aber eben auffällt, ist dass kaum jemand weiß, wie man aus Gemüse und Fleisch eine Suppe macht. Eine junge Mutter deutete auf einen Selleriekopf und fragt mich, was das denn sei... Maggi-Fix-Tüten finden reissenden Absatz - auf Obst und Gemüse bleiben wir manchmal gar sitzen. Woran das liegen mag? Desinteresse an Ernährung? Fehlendes Problembewußtsein? Unkenntnis? Mangelnde Vorbilder in den Familien, aus denen diese Menschen stammen? Suggestion der Werbung, dass eine Mutter ihre Familie erst dann glücklich am Tisch versammeln kann, wenn die Spaghetti von Miraculi aus der Fertigpackung kommen? Jedenfalls hab ich gang, ganz selten jemanden getroffen, der gesagt hätte, er sei froh, dass er sich und seine Familie dank der Tafeln endlich gesund ernähren könne - genau das aber war die Richtung von Avocada's These, dass sich einkommenschwache Familien kein gesundes Essen leisten können würden.
Das Problem liegt ganz anderswo...und Vitamintabletten werden es nicht lösen.